Architekturbüro
Lutz Scharla
Ein besonderes und bereits vielfach gelobtes Projekt
PLANUNGSGESCHICHTE
`Wohnqualität auf der Wehrmauer´, unter diesem Motto stand die Umbau- und Sanierungsplanung
dieses Hauses, bei der durch kluge Kniffe jeder verfügbare cm zur Optimierung ausgenutzt wurde,
um den heutigen Komfortansprüchen möglichst nahe zu kommen.
Vor allem die niedrige Deckenhöhe und das knappe Platzangebot in dem auf mittelalterlichen
Mauern aufgebautem Fachwerkhaus waren Knackpunkte beim Entwurf.
Eine umfassende Variantananalyse von Treppenverläufen zeigte, dass die ursprüngliche Führung
der Treppe grundsätzlich klug überlegt war, aber sehrwohl noch geschickt durch gezielte Eingriffe
weiter optimiert werden konnte. Eine Balance zwischen Kopffreiheit, Steigungsverhältnissen und
Details der Treppenverläufe sowie den Anforderungen eines Denkmals mußte gefunden werden.
DER TREPPENFLUR - EIN GESCHICHTSTRÄCHTIGER WEG
Im EG - dem Eingangsgeschoss - wurde aus der damaligen, sehr beengten, dunklen `Leitertreppe´
nun eine lichte, der historischen Wehrmauer Luft und Sicht lassende Treppenofferte in die oberen
Wohngeschosse. Durch einen begrenzten Deckeneinschnitt mit gleichzeitig im Raum darüber
integriertem Raumsitzmöbel konnte sozusagen der Weg vom mittelalterlichen Foyer ins barocke I. OG,
bei gleichzeitigem, gestalterisch-funktionalem Gewinn für den Wohnraum darüber, erhellt und ohne
`Raumangst´ bequem begehbar, offeriert werden.
Die aus dem barock-niedrigen Stockwerk ins klassizistische II. OG weiterführende Treppe nutzt
den durch die rückspringenden Fachwerkwände freigewordenen `Platz´ auf der 80cm breiten
Mauerkrone der alten Wehrmauer, um der unteren Treppe nicht ins `Gehege´ zu kommen.
Im diesem klassizistischen Wohn-Stockwerk wird der im Treppenflur bestehende Kreuzungspunkt
aus fünf Wegen mit zudem drei Höhenniveaus für entsprechend vielfältige Wegebeziehungen durch
ein aufgesetztes, gleichzeitig als lange, geschwungene Stufe geformtes, auskragendes Treppenpodest
funktional optimiert ausformuliert. Die Auskragung entschärft dabei gleichzeitig den, für ausreichende
Kopffreiheit, neuralgischen Punkt darunter.
Die DG-Treppe konnte zuletzt noch optimiert werden, indem ein Weg gefunden wurde, trotz Sparrendach
einen Deckenbalken im Sparrendachgefüge auszusparen. Dafür wurde sowohl ein, in die Dachfläche
integriertes Sprengwerk genutzt, wie auch dann zusätzlich der nun frei auskragende (schwebende)
Deckenbalkenkopf per Edelstahlstange an die Dachkonstruktion angehängt. So konnte zudem der
Treppenflur im Stockwerk darunter stützenfrei gehalten werden.
Durch diese Kniffe gelang es, den Treppenflur nun auch für heutige Ansprüchen bequem zu gestalten,
ohne letztlich die, diesem spannenden, historischen Haus-Kleinod enthaltene Geschichte aus den
Augen zu verlieren.
DIE HAUSGESCHICHTE
Das enge, niedrige und in seinen Etagen unebene Haus ist Teil einer Hausgruppe, die an, auf und
um eine mittelalterliche Wehrmauer gebaut wurden. Das denkmalgeschützte Ensemble im alten
Dorfkern von Kassel - Wahlershausen konnte trotz der Nähe zum ICE Bahnhof seinen dörflichen
Charakter bewahren.
Auf dem Gang durch die Etagerie dieses Hauses findet eine Reise durch die Geschichtsepochen,
im Mittelalter beginnend, über Barock und Klassizismus bis in die heutige Zeit statt. Vielfach konnten
baugeschichtliche Spuren gefunden, freigelegt und anschaulich gesichert werden.
Nun bietet das Haus in geschichtsträchtigen Räumen eine Wohnqualität nach heutigen Ansprüchen -
eine Symbiose, in der alt und neu einträchtig nebeneinander stehen.