Architekturbüro
Lutz Scharla
Planungsphilosophie
Die Bedeutung für die Planung leitet sich schlicht aus der Tatsache ab, das der Bau von Häusern,
Straßen und Siedlungen den Alltag der BewohnerInnen maßgeblich organisiert. Häuser sind die
privaten Orte der Menschen, die Straßen und Quartiere die öffentlichen, gemeinschaftlichen
(kommunalen) Orte des Lebens. Häuser, Straßen und Quartiere hängen also nicht nur technisch,
fachlich, geometrisch zusammen, sondern organisieren unsere verschiedensten Lebensorte.
Für ein möglichst angenehmes und sorgenfreies Leben, müssen zuerst einmal psychologische,
soziale und soziologische Bedingungen erfüllt werden. Eine weitere, bedeutende Basis für ein
möglichst angenehmes und sorgenfreies Leben ist die Ökonomie. Ökonomie setzt sich aus
(hoffentlich) verdienen und verbrauchen zusammen. Der Verbrauch für Miete, Hausstand,
Lebenshaltung, Versicherungen, Steuern, Auto, Sprit, Kleidung, usw. und die Sparsamkeit darin
entscheidet über den frei verfügbaren Etat, der gespart oder für angenehme Dinge wie Urlaube etc.
verwendet werden kann.
Damit erzähle ich Ihnen natürlich nichts Neues. Sie alle wissen das aus eigener Erfahrung und
Notwendigkeit nur zu gut. Doch das die gebaute Umwelt und die darin enthaltenen
Planungsentscheidungen uns oft genau dieses Leben unmerklich, aber in vielen kleinen
Entscheidungen immens verteuern, fällt kaum auf.
Unser Konzept setzt genau an diesen Punkten, die in Ihrer komplexen Summe die Kosten
des Lebens zu einem gewichtigen Teil bestimmen, an. Es verdeutlicht Ihnen im folgenden die
bereits in den Zimmergrundrissen beginnenden Überlegungen, deren Bedeutung sich z.B.
bis ins Quartier durchzieht, über die in den Hausgrundrissen, in Innen- und Außenhaus,
den Straßen und im Quartier enthaltenen ökonomischen, psychologischen, sozialen und
soziologischen Dimensionen. Daran wird auch deutlich werden, wie wichtig der Gedanke
nicht nur für die Herstellung, sondern für die dauerhaft möglichst angenehme, also auch
ökonomische Benutzung Ihres Hauses ist.
Variantenqualität
Häuser sollten sich den verschiedenen, sich im Laufe des Lebens ändernden Bedürfnissen
ihrer BewohnerInnen und für verschiedenste `Wechselfälle des Lebens ´ anpassbar sein. Können
sich Häuser nicht anpassen, ist man permanent mit umbauen beschäftigt, oder muß möglicherweise
sogar umziehen.
Diese Szenarien bis hin zu den `Wechselfällen des Lebens´ sind in der Regel mit ökonomischen
Belastungen unterschiedlichster Dimensionen verbunden. Ziehen die Kinder aus, ist manchmal nur
das Haus zu groß, oft aber müssen Kinder noch länger unterstützt werden. Bedarf die Großmutter
intensiverer Betreuung, und man hat im Haus Platz für Sie, kann Sie evtl. auch länger aus eigener
Kraft betreut werden. Ist das nicht der Fall, kommen wieder Kosten auf einen zu. Oft bedrohlich
wird es, sinkt das veranschlagte Einkommen. Wer dann untervermieten kann, hat zumindest schon
mal bessere Karten. Diese Aufzählung läßt sich beliebig verlängern.
Diese Einschnitte gehören zum Leben dazu. Umso besser man darauf vorbereitet ist, desto
vorteilhafter kann man reagieren. Vorteilhaft reagieren, also aktiv steuern, kann man aber nur,
wenn man eine Wahl hat. Hat man diese nicht, muß man die jeweilige Situation über sich ergehen
lassen. Ökonomische und räumliche Möglichkeiten hängen immer direkt zusammen.
Häuser, die sich verschiedensten Lebensumständen problemlos anpassen lassen, erhöhen damit Ihre
Chancen, möglichst optimal reagieren zu können. Jede fehlende Wahlmöglichkeit kann eine verpaßte
Chance sein. Erst diese praktische Basis eines Hauses trägt letztlich auch Ihre Träume!
Zimmerwelten
Zimmer beherbergen in unseren Häuser verschiedene Welten. Es sind immer die einzelnen
Zimmer, die wir wahrnehmen. Über Lage im Haus, Art der Möblierung und ob ein Zimmer
von einzelnen Personen allein, von zwei oder von allen Familienmitgliedern genutzt wird, ob
hier Gäste und Freunde oder nur die Familie hingelangt usw., erfassen wir die jeweilige Zimmerwelt.
Es sind viele Details, die die Welt in einem Zimmer ausmachen. Der gemeinsame Treffpunkt im
Wohnzimmer sieht nun einmal anders aus als das Zimmer des fast erwachsenen Sohnes.
Die bisher funktionalistisch geprägte Architektur suggeriert uns dabei, das unterschiedliche
Nutzungen unterschiedlichen Raumgrößen zugeordnet werden müssen.
Dabei können Zimmer als Variantenzimmer überlegt werden, die den meisten verschiedenen
Nutzungen ausreichend Platz gewähren können. Der Vorteil liegt auf der Hand. Die BewohnerInnen
sind erheblich freier in Ihren Entscheidungen, welche Nutzungen sie gerne wo unterbringen wollen.
Desgleichen können sie diese dann auch immer wieder verändern, indem sie einzelne oder mehrere
Zimmer austauschen, aus dem ehemaligen Kinderzimmer vielleicht ein Arbeitszimmer wird oder
das Wohnzimmer bei Bedarf auch in zwei genügend große Einzelzimmer aufgeteilt werden kann.
Vor allem im Zuschnitt eines Zimmers wird letztlich die Anpassungsfähigkeit des Hauses entschieden.
Außer dem Zuschnitt muß ein Zimmer für ein möglichst streßfreies miteinander jedoch ein paar
weitere Anforderungen erfüllen. An einem der wichtigsten Bereiche in unserem Leben, unserem
eigenen, persönlichen, ganz intimen Zimmer, läßt sich das anschaulich darstellen.
In Fläche und Raum muß es nicht besonders groß sein, doch zu unserer alleinigen Verfügung stehen
und sich gegen `den Rest der Welt´ abschotten lassen. Es ist unser privatester Rückzugsort.
Hier fühlen wir uns und unser wichtiges Hab und Gut sicher. Bei uns muß die Wahl liegen, die Tür
offen lassen oder schließen zu können.
Und wir müssen unser Zimmer so gestalten können, wie es uns am besten gefällt.
Voraussetzung dafür ist allerdings, das uns unser Zimmer genügend Platz zum Unterbringen unser
Dinge gibt, wobei im Vergleich zu mehreren kurzen eine längere Wand uns immer die größeren,
platzökonomischen Möglichkeiten bietet. Denn hier können wir, wenn es eng wird, auch verschieden
breite Möbel platzsparend kombinieren.
Auch brauchen Bett und Tisch einen guten Platz. Der Tisch soll so oft es geht, genügend Licht
bekommen, also in Fensternähe Platz finden, aber bitte ohne, das dadurch schon wieder weniger
Regale Platz haben. Und am Tisch sollen auch mal mehrere Gäste Platz nehmen können. In Zimmern,
wo für all das Platz ist, können auch viele andere Nutzungen genauso unkompliziert untergebracht
werden. Und zwei Zimmer dieser Qualität zusammengelegt bieten entsprechend viel Platz für z.B.
das gemeinsam genutzte Wohnzimmer.
Zimmer mit diesen Qualitäten geben Platz für so ziemlich jede, denkbare Nutzung, für jede eigene
Kinderwelt, zum gemütlichen Wohnen, zum produktiven Arbeiten, zum erholsamen Schlafen und
für angenehme Unterbringung von Gästen.
Irrglaube dabei ist, das es die Fläche eines Zimmers wäre, die ausreichend Platz bietet. Fläche ist
teuer, aber Platz bieten Zimmer nur, wenn ihr Schnitt, ihre Geometrie, ihre Wände und Lage von
Fenster und Tür klug überlegt kombiniert sind. Erst dann sind die qm Wohnfläche auch tatsächlich
ihr Geld wert. Oder andersherum, jeder unnütz verschwendete qm Wohnfläche führt zu
unnötigen Bau-, Heizungs-, Pflege-, Erhaltungs-, Instandsetzungs- und Gebrauchskosten.
Unnützes kostet Geld, jeden Tag. Und da kommen schnell einige Euros zusammen.
Die Variantenzimmer erfüllen in Größe, Maßen, Lage von Fenster und Tür, Lage zu den übrigen
Zimmern all diese Anforderungen und geben den verschiedenen Zimmerwelten genügend Platz
ohne Wohnfläche zu vergeuden - prüfbar. Jeder m² Wohnfläche ist hier sein Geld wert.
Wohnorte im Haus
Ein Haus setzt sich aus den privaten Welten der Familien- oder Gruppenmitglieder ergänzt durch die
Zimmer gemeinsamer Nutzung zusammen. Eine wichtige Aufgabe des Hausgrundrisses ist es also,
das Miteinander mehrerer, verschiedener Welten unter einem Dach möglichst streßfrei zu organisieren.
Dabei kommt dem Treppenflur eine zentrale Bedeutung zu. Nicht nur, weil vom Flur alle Zimmer
erschlossen werden, sondern dadurch auch alle Welten über die Haustür mit der Außenwelt verbunden
sind, ohne das ein Gemeinschaftsraum kontaktiert werden müßte.
Der Treppenflur gibt den BewohnerInnen die Möglichkeit sich zu treffen, aber auch, sich aus dem
Wege gehen zu können. Damit ist der Flur Übergangs-, Verbindungs- und Distanzraum für eine
friedliche Koexistenz auf
kleinstem Raum und der freie Zugang von außen zur privaten Welt. Außerdem verbindet er die
privaten Welten mit den Orten der gemeinsamen, bzw. gemeinsam genutzten Welten, in
Wohnzimmer, Küche, Bad, Abstell- und Lagerräumen.
Ein kluger Hausgrundriss sorgt dafür, das vieles gemeinsam geht, aber nicht zwangsläufig gehen muß.
Indem alle Welten der Familie oder Gruppe miteinander so weit wie möglich streßfrei organisiert sind,
bleibt viel Raum für Gemeinsamkeit.
Die Variantenhäuser bieten die Möglichkeit des vollständigen Treppenflures oder auch seiner
wahlweisen, partiellen Öffnung. Die Gleichberechtigung der Zimmer in Größe und Unabhängigkeit
erlauben bei Bedarf den Tausch und/ oder Verlagerung von Zimmernutzungen. Das Potential des
jeweiligen Häusern an Zimmern wird anhand der Nummerierung (zum Teil in Klammern) deutlich.
Die Etagerie, die Zonierung in unterschiedliche, übereinanderliegende Privatsphären verfeinert
nochmals die organisatorischen Qualitäten. Das Hochparterre als Empfangsetage ist so vom privaten
Obergeschoß separiert. Ins Dachgeschoß können sich die Eltern nochmals zurückziehen. Es kann,
muß aber nicht gleich mit ausgebaut werden und erst einmal zur Lagerung genutzt werden.
Das Souterrain bringt nicht nur Licht in den Keller, sondern macht daraus ein Geschoß mit
verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten. Zudem ist es von außen mit einem eigenen Zugang
ausgestattet, der über eine nur halbgeschoß hohe Treppe erreichbar ist. Die Fenster ermöglichen
bei Bedarf die Nutzung der Räume auch als Zimmer. So kann durch den separaten Zugang ein
Büro oder eine Kleinstwohnung z.B. für ein älteres Kind entstehen.
Damit können sich Kinder bereits unter dem Dach der Familie verselbstständigen, ohne gleich
ausziehen zu müssen. Gerade das Souterrain ist ein vorzügliches Beispiel dafür, welchen
entscheidenden Einfluß schon kleine Details für äußerst nützliche Wahlmöglichkeiten haben.
Abgerundet wird die Fülle der Möglichkeiten durch die Planung von Hauszugängen und Treppenflur.
Hier ist bereits, wie beim Souterrain angesprochen, eine stärkere nutzungsbezogene Separierung von
Teilen des Hausgrundrisses mitbedacht. Das Haus kann in 2-3 abgeschlossene Wohnungen geteilt
werden. Wird das Haus zu groß, kann ohne großen Aufwand ein Teil untervermietet werden.
Wahlweise eine kleinere Wohnung, das halbe Haus oder 2 kleine Wohnungen oder das halbe Haus
und eine kleine Wohnung.
Das bestehen dieser verschiedensten Wahlmöglichkeiten verdankt sich der Kombination von
Variantenzimmer, Zimmerpotential und Treppenflur des Hauses.
Abgerundet wird dieser Hausplan durch die Kombination mit einer ökonomischen Hauskonstruktionund einer kooperativen Hauskubatur mit geringer Außenfläche, wodurch gleichzeitig die Anforderungen
für eine optimale, ökologische und ökonomische Basis bis in das Quartier hinein gewährleistet ist.
Drinnen und Draußen
Zu den großen Qualitäten von Häusern zählt der direkte Zugang von drinnen nach draußen. Das
Variantenhaus verfügt über verschieden Zugangsmöglichkeiten. Sowohl vom Hochparterre wie auch
vom Souterrain können Vorgarten und Garten direkt erreicht werden. Dadurch sind das Wohngeschoß
und das Souterrain direkt von vorne, von der Straße her zugänglich und gleichzeitig ist der Garten
durch seine rückwärtige, abgeschottete Lage eindeutig privat.
Von der Küche kann die Terrasse auf direktem Wege erreicht werden wie auch für die Gartenarbeit
das Souterrain.
Das längliche Grundstück eröffnet die Chancen, zu annähernd jeder Tageszeit einen Sonnenplatz
finden zu können. Hier ist man mit den angrenzenden Nachbarn völlig für sich. Jeder hat seinen
privaten Platz am Haus, optisch sind alle Gärten, da nebeneinander gelegen, größer als das eigene
Grundstück, ohne, das jeder Samstag immer für die Gartenpflege herhalten müßte.
Wer es gern noch privater und/ oder noch sonniger hätte, der hat die Möglichkeit, sich eine kleine
Dachterrasse einzurichten. Mit in der Regel durchgehender Sonne und im dritten Geschoß über
Grund ist man hier ganz für sich.
Der Vorgarten dagegen hat ein wichtige Funktion, die uns auf anderer Ebene bereits beim Treppenflur
begegnet ist. Der Vorgarten ist Übergangs- und Distanzfläche zwischen zwei unterschiedlicheren
Welten, nämlich der privaten Welt des Hauses und der öffentlichen der Straße.
Der Kontakt dieser unterschiedlichen Welten ist gewollt, garantiert er doch genauso den immer freien
und direkten Zugang zum eigenen Haus und schützt gleichzeitig vor der in vielen anderen
Bebauungsformen (Einzelhausbebauung mit wenig Nachbarn, Geschoßwohnungsbau ohne Kontakt
zur Straße) zunehmenden Vereinsamung der BewohnerInnen. Vom Fenster oder im Vorgarten
werkelnd kann man hier direkten Kontakt mit Nachbarn, Passanten und Fremden aufnehmen bzw.
deren Treiben verfolgen. Gleichzeitig aber sichern Vorgarten und das Hochparterre die Privatheit
des Hauses drinnen vor nicht gewollten Blicken und klären an der Haustür psychologisch sofort
die Situation mit ungebetenen Gästen und Vertretern.
Auch wir selber fallen nicht mit der Tür auf die Straße, sondern nähern uns dieser mit Überblick
von Podest und Treppe. Und letztlich geben Fassade und Vorgarten viel Raum für die eigene
Visitenkarte an der Straße. Die Tiefe des Vorgarten darf, um all diese Qualitäten bereitstellen zu
können, weder fehlen noch zu tief sein. Die Anhebung des Hochparterres durch das Souterrain um
ein halbes Geschoß unterstützt diese Qualität. Ein Beispiel dafür, wie sich verschiedenste Details
bzgl. der Nutzung vorteilhaft und damit gleichzeitig ökonomisch miteinander kombinieren lassen.